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Klimaveränderung in Westafrika am Beispiel Senegal  15.11.2022


Das Venedig Afrikas kämpft gegen Überflutungen

Über verheerende Sturmfluten, die im Zuge der Klimakrise stärker und häufiger werden, kann der Fischer Bamba Diop aus eigenem Erleben berichten. Da wo Diop sitzt, stand das Wasser des Atlantiks in den vergangenen Jahren nämlich immer wieder meterhoch.

Viele hätten ihr ganzes Hab und Gut verloren, erzählt der 31-jährige Diop. Bei den jüngsten Fluten 2018, 2019 und 2020 etwa wurden Dutzende Häuser ins Meer gerissen, Hunderte wurden obdachlos. Im vergangenen Jahr wurde auf der sandigen Halbinsel Langue de Barbarie, auf der St. Louis Fischerviertel liegt, ein mehrere Kilometer langer Damm gegen Sturmfluten errichtet. Diop, ein junger Mann in Shorts und T-Shirt, klopft auf die schwarzen Steinbrocken des Damms, auf denen er sitzt. Er habe keine Angst, der Damm biete Schutz, betont er. Doch hinter ihm stehen mahnend vom Wasser zerstörte Häuser - die Ruinen markieren kilometerlang den Rand des Wohnviertels.

Nach EU-Angaben ist die gesamte senegalesische Küste von Erosion und infolge des Klimawandels auch von einem steigenden Meeresspiegel betroffen: Die Küstenlinie verlagert sich an manchen Abschnitten pro Jahr um bis zu zwei Meter landeinwärts. Aber mehr als die Hälfte der Bevölkerung des westafrikanischen Landes mit 18 Millionen Einwohnern lebt laut der Weltbank an der rund 700 Kilometer langen Küste. Dort konzentrieren sich rund 70 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung.

Zwischen Fluss und Meer weht in St. Louis immer eine Brise, die Luft riecht nach Salz und Fisch. Für den Fischer Diop kommt Weggehen trotz des steigenden Meeresspiegels nicht in Frage. Er lebe mit dem Meer und vom Meer, so wie sehr viele der rund 200'000 Menschen in St. Louis. Er zeigt seine Handinnenflächen, sie sind schwielig vom salzigen Wasser, dem Holz der Fischerboote und den Nylonnetzen.

Das Dilemma der Küstenbewohner in St. Louis illustriert das, was einer der Streitpunkte bei der Weltklimakonferenz in Ägypten ist: Es geht um "Verluste und Schäden", oder im englischen Jargon der Vereinten Nationen um "loss and damage" infolge des Klimawandels. Arme Staaten, die selbst wenig Treibhausgase ausstossen und meist nur begrenzten finanziellen Spielraum haben, sich selbst zu schützen, fordern in Scharm el Scheich daher vehement Schadenersatz der Industrieländer für unabwendbare Schäden im Zuge der Klimakrise.

Die Welterbe-Stadt St. Louis liegt im Nordsenegal, 270 Kilometer von der Hauptstadt Dakar entfernt, an der Grenze zu Mauretanien. Ein Teil der Stadt befindet sich auf einer Insel, ihr vorgelagert ist die Halbinsel Langue de Barbarie. Stadtseitig wird sie vom Fluss Senegal umspült, die andere Seite öffnet sich zum Atlantik. Die Stadt wird manchmal auch als das "Venedig Afrikas" bezeichnet.

Ganz anders fühlt es sich in der Zeltstadt im Dorf Diougop unweit von St. Louis an: Hier ist es heiss und sandig, Ziegen laufen umher, hier leben die Leidtragenden der stärker werdenden Fluten. Etwa 1500 Menschen, die durch Hochwasser obdachlos wurden, sind seit 2019 hier nach und nach untergekommen, sagt der Bauingenieur Insa Fall von der Stadtentwicklungsbehörde. Er hat die 360 Zelte mitaufgebaut, jedes 18 Quadratmeter gross für fünf Personen. Langfristig sollen für alle neue Häuser gebaut werden. Die Umsiedlung ist Teil eines Programms der Weltbank und der senegalesischen Regierung, das St. Louis besser für die Folgen des Klimawandels rüsten soll.

Doch viele Bewohner können in der Zeltstadt keine Lebensgrundlage aufbauen. "Es war einfach zu heiss und zu weit weg zum Fischverkaufen. Die Regierung kümmert sich zu wenig um uns", sagt Marième Dieye am Strand von St. Louis, umringt von Cousinen und Kindern. Deswegen seien sie aus der Zeltstadt zurückgekehrt. Von ehemals zwölf Zimmern hat das Meer ihnen nur fünf gelassen, die sie jetzt wieder bewohnen.

Die Bedrohung von St. Louis ist eine schleichende Katastrophe mit langer Ansage: Bereits seit Anfang der 2000er Jahre hatte die UN gewarnt. "2009 gab es eine grosse internationale Umweltkonferenz in St. Louis, aber es wurde nur langsam reagiert", sagt Latyr Fall, ein Stellvertreter des Bürgermeisters. Der Steindamm am Strand soll demnach durch einen dauerhafteren, stabileren Damm ergänzt werden. Die Stadt suche dafür nach einer Finanzierung, klagt er.

Und es ist nicht nur der Atlantik, der St. Louis bedroht: Ein 2003 buchstäblich über Nacht angelegter Abflusskanal für den Senegal-Fluss hat sich Studien zufolge stark vergrössert und stört das empfindliche Umweltgleichgewicht von Salz- und Süsswasser. Nach Angaben von Bürgermeister Fall war der Kanal eine Notfallaktion wegen eines drohenden Fluss-Hochwassers. "Fest steht: So ein Kanal hätte niemals ohne Vorstudien gegraben werden dürfen", urteilt Moumar Gueye, ein Wasserbauingenieur aus St. Louis.

Der zusätzliche Abflusskanal für den Fluss habe sein Dorf Doun Baba Gueye verschwinden lassen, schildert Ahmeth Sène Diagne. Vom Boot aus deutet der Dorfchef auf Äste, die einige Meter von einer kleinen Sandinsel entfernt aus dem Wasser des Flusses ragen: Bis dorthin habe sich das Dorf erstreckt. "Mein Herz zieht sich jedes Mal wieder zusammen." Natürlich sei er wütend, dass die Industrieländer einen Grossteil zur Klimaerwärmung beigetragen hätten, sagt er. Aber seinen Teil zur Lösung will Diagne beitragen. Unermüdlich pflanzt der 61-jährige Gewächse wie Mangroven, die mit ihren Wurzeln Sanderosion verhindern. Diagne will so Land vom Senegal-Fluss zurückzugewinnen.


Quelle: www.blick.ch




Klimaveränderung und Auswirkungen in Westafrika am Beispiel Nigeria 09.04.2023


134 Tote nach Gewalt in Nigeria

In der vergangenen Woche sind im westafrikanischen Nigeria mindestens 134 Menschen von bewaffneten Gruppen getötet worden. Der Gouverneur des betroffenen Bundesstaates, Samuel Ortom, erklärte, dass Viehhirten der ethnischen Gruppe der Fulani für die Angriffe verantwortlich waren. Bereits in der Vergangenheit habe es ähnliche Übergriffe in der Region gegeben.

Insgesamt war es in der vergangenen Woche zu drei Angriffen gekommen, sagte Nathaniel Ikyur, Pressesprecher des Gouverneurs, der Deutschen Presse-Agentur: "Bei dem jüngsten Angriff, der sich am Freitag ereignete, wurden 36 Menschen getötet." Ein Grossteil der Opfer waren Binnenflüchtlinge gewesen, die in einer Schule Zuflucht gesucht hatten.

Hintergrund für die vermehrten Angriffe der Fulani ist zum Teil der Klimawandel, der die Weideflächen im Norden Nigerias austrocknet. Die Fulani suchen nun vermehrt in Zentral- und Südnigeria Nahrung für ihr Vieh und geraten mit ansässigen Bauern in Konflikt. Nigerias Präsident Muhammadu Buhari, ein ethnischer Fulani, wurde oft beschuldigt, nicht genug gegen die Gewaltexzesse zu unternehmen. Seinem Nachfolger Bola Tinubu hinterlässt Buhari ein massives Sicherheitsproblem.


Quelle: nau.ch

Hintergrundwissen


Westafrikanischer Monsun

Der westafrikanische Monsun (WAM) ist ein gekoppeltes Atmosphäre-Ozean-Land-System, das die sommerlichen Niederschläge und die Winter-Trockenheit über den Regionen West- und Zentralafrika steuert. Die Prozesse in diesem System zeichnen sich in interagierenden Raum- und Zeitskalen aus. Das Wort Monsun leitet sich aus dem arabischen mausim ab und bedeutet ursprünglich Jahreszeit. Arabische Kaufleute bezeichneten damit die Zeit des Jahres, während der sie auf ihren Daus über das arabische Meer nach Indien segelten. Die in der Einflusszone des Monsuns liegenden Regionen weisen im Jahresverlauf eine ausgeprägte Trocken- und Regenzeit auf.

Ausgezeichnet wird der westafrikanische Monsun dabei von einem scharfen, räumlich-zeitlich meridionalen Gradienten, d. h. an seiner nördlichen Grenze fallen im Juli/August zwischen 50 und 150 mm Niederschlag, während an seiner südlichen Grenze zwischen 1200 und 1600 mm Niederschlag fallen. Auch die zeitliche Ausdehnung variiert: Regenreich sind im Süden des Einflussgebietes die vier Monate von Juni bis September, im Norden ist es meist nur einer.

Der Regengürtel des westafrikanischen Monsuns dehnt sich zur Zeit seiner stärksten Aktivität von Kap Verde über das Tschadbecken bis zum Fusse des Hochlands von Abessinien aus und ist damit nach dem australisch-indischen Monsun das zweite grosse Monsunsystem der Erde. Er ist das primäre Wetterphänomen, das die afrikanischen Regionen der zentralen Sahara, des Sahel, des Sudan und der Luvseite der Oberguineaschwelle mit Niederschlägen in den Sommermonaten versorgt.

Die Niederschläge in Westafrika werden durch die Lage der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) beeinflusst. Sie verschiebt sich halbjährlich und sorgt insbesondere in den Monaten Mai bis Juli für höhere Niederschlagsmengen in Westafrika. In den Wintermonaten liegt die ITCZ in Äquatornähe über dem Golf von Guinea, so dass auf dem Festland Trockenzeit herrscht.

In der Hauptaktivitätszone des Monsuns entstehen Gewittersysteme aus einen Zusammenschluss von einzelnen Gewitterzellen. Sie können eine Fläche von mehr als 100.000 km² einnehmen und erreichen innerhalb der Cloud Cluster Wolkenhöhen von bis zu 18 km. In lokal begrenzten aktiven Kernbereichen fallen dabei bis zu 50 Liter Regen pro Quadratmeter in einer halben Stunde.

Der jährliche Zyklus der Temperatur der Meeresoberfläche im Golf von Guinea ist asymmetrisch mit einer raschen Abkühlung im April auf die niedrigsten Wasser-temperaturen im August und einer schrittweise Erhöhung der Wassertemperatur bis zum nächsten April. Die dabei entstehende oberflächennahen äquatoriale Kaltwasserzunge entsteht durch das Aufquellen von kaltem Wasser aus Tiefen von etwa 100 Metern und entstammt einem äquatorialen Unterstrom, der von Brasilien bis in den Ostatlantik reicht. Dabei strömen im Mittel 20 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde und kühlen die Oberflächentemperatur des Atlantiks auf 20 bis 25 °C.

Weitere ausschlaggebende Faktoren sind die Ausbildung stabiler Hochdrucksysteme über dem Meer und Niederdrucksysteme über dem Kontinent. Der westafrikanische Monsun ist im Vergleich zu seinen asiatischen Pendants variabler, sowohl in seiner Entstehung wie auch in der Intensität. So konnte zum Beispiel für den indischen Subkontinent kein mehrjähriges Ausbleiben des Monsuns beobachtet werden, während der westafrikanische Monsun in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über mehrere Jahre extrem schwach ausfiel und zu den großen Hungerkatastrophen im Sahel während der 1970er und 1980er Jahren führte. Der zeitlichen Vorhersage des Monsunregens kommt eine besondere Bedeutung für die Ernährungssicherheit der afrikanischen Bevölkerung zu. Eine Studie aus dem Jahr 2017 machte den Einfluss der grönländischen Eisschmelze auf den westafrikanischen Monsun deutlich.